Manfred Neumanns Werk stellt sich nicht als Kontinuum dar. Es kennt Brüche und Sprünge und die Gleichzeitigkeit konträrer Auffassungen. Einerseits wird auf die realistische Tradition seit der Renaissance Bezug genommen, andererseits das freie Spiel mit den Mitteln erprobt. Beide Prinzipien ergänzen einander. Was z. B. an ästhetischen Erfahrungen aus dem zweckfreien Hantieren mit Farben, Formen und Materialien wächst, fließt in die Gestaltung der realen Gegenstandswelt ein.
Hier wie dort sind Harmonie- und Schönheitsbestrebungen zu finden. Unübersehbar ist sein Hang zur Schönliniegkeit und seine Begeisterung am Stofflichen. Wirklichkeit, vor allem auf diese Qualitäten hin befragt, entrückt unmerklich ins Ideale, auch wenn sie mit zeichnerischer Akribie festgehalten wird. Nur fingerbreit ist der Abstand zwischen Abbild und Realität, aber gerade darin liegt die Besonderheit des  ästhetischen Konzeptes von Manfred Neumann.
Porträts, Landschaften, Aktdarstellungen und Stilleben – seine wichtigsten Themenbereiche – sind davon gekennzeichnet.
Mehr als zehn Jahre hat er Künstlerkollegen, Freunde, Bekannte und namhafte Persönlichkeiten seiner Heimatstadt porträtiert und ist mit fast 50 Bildnissen gewissermaßen zum Chronisten Frankfurts geworden. Im Aufbau und in der Maltechnik knüpft er an den Renaissancebildnissen eines Holbein und Cranach an. Wie bei diesen haben die Dargestellten einen überindividuellen Zug, der sie als typische Vertreter ihrer Zeit erscheinen lässt.
Anfang der 80 er Jahre begann er sich – ausgelöst durch einen Auftrag – verstärkt den Menschen und der Natur des Oderbruchs zu zuwenden. In psychologisch und sozial genauen Abbildern hat er die Gesichter der Bauern festgehalten, ihr häusliches Milieu und die Landschaft, an die ihr Leben gebunden ist. Durch die enge Berührung mit ihren individuellen Schicksalen erhöhte sich der emotionale Gehalt seiner Bildwelt, wichen die glatte Eleganz der Lasurtechnik der alla-prima-Malerei und die intensiven Lokalfarben tonig verhaltenen Klängen.
Mitgetragen wurde dieser Wandel von den parallel entstehenden informellen Kompositionen.  Mag dieser Dualismus in Neumanns Schaffen anfangs ein Identitätsproblem gewesen sein, heute stellt er sich als  bewusstes Prinzip künstlerischen Gestaltens dar, das sich für Neues offen hält.

Monika Tschirner
Kunstwissenschaftlerin

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